Inhalte von Jugendzeitschriften – geht´s noch tiefer?

Xpress Mai 2006 von der Verlagsgruppe News GmbHFragwürdiger Werbemethoden bedient man sich offensichtlich, wenn es darum, geht Kinder und Jugendliche für unterschiedliche Produkte zu „begeistern“. Aus gegebenem Anlaß zeigen wir zwei Fallbeispiele aus Kinder- und Jugendzeitungen auf, wo man sich als Erwachsener die Frage stellt, ob es denn überhaupt noch „tiefer“ geht. Uns Erwachsenen wird oftmals mangelnde Erziehung vorgeworfen, wenn die heranwachsende Generation beispielsweise nicht einmal mehr in der Lage ist, über das Grundwissen gesellschaftlicher Umgangsformen zu verfügen. Auch hat ein Vokabular in den Lebensalltag Einzug gehalten, das den in den 60er Jahren und zuvor geborenen Generationen nicht einmal in den Sinn gekommen wäre in den Mund zu nehmen.

Werbung für ein PlayStation-SpielIn der Zeitung Xpress, ein österreichisches Magazin für Musik & Szene (Eigendefinition) aus der Verlagsgruppe News GmbH, findet sich auf der Rückseite des Einbandes eine ganzseitige Werbung der Sony Computer Entertainment Europe zu einem Spiel der PlayStation. Abgebildet ein nackter Mann mit einem Socken um sein Glied. Versehen ist diese Darstellung mit der Frage „Erkennst du diese Rockband?“. Über den Begriff Ästhetik läßt sich bekanntlich streiten, aber diese Zeitung kam frei Haus in einer durchsichtigen Kunststoffolie an eine 13jährige geschickt und wurde nicht einmal im Laden gekauft. Der Empfänger, formaljuristisch, da unter 14 Jahren als Kind zu bezeichnen, meinte nur „Das sieht aber nicht appetitlich“ aus, wobei schon alleine über diese Aussage sinniert werden könnte. Die Erziehungsberechtigten waren etwas erstaunt, wird diese Zeitung doch als sogenanntes Goody durch die Österreichische Postsparkasse (PSK)an deren Jugendkontoinhaber gratis verschickt.

Wir fragten sowohl bei der Redaktion von Xpress, als auch bei der Pressestelle der PSK nach, ob sie der Auffassung sind, daß eine derartige Werbung angesichts der Zielgruppe von Kindern und Jugendliche als geeignet angesehen wird. Noch dazu, weil es quasi eine Zwangsbeglückung durch die PSK an deren minderjährige Kunden ist, die bei Eltern und Erziehungsberechtigten nicht immer auf Zustimmung stößt. Gleichzeitig wollten wir von der PSK in Erfahrung bringen, wie viele Empfänger es denn Österreichweit gibt. Frau Schütz-Spörl, der Konzernpressestelle BAWAG-PSK teilte uns wie folgt mit (Auszug):

Die Gratis-Zusendung des „Xpress“ ist ein „goody“ für unsere Jugendkontoinhaber. Wir werden zur Gestaltung des Heftes und Auswahl der Anzeigen weder befragt noch darüber informiert und haben daher keinerlei Einfluß auf Inserate anderer Unternehmen im „Xpress“. Selbstverständlich haben wir den NEWS-Verlag zwischenzeitlich ersucht, den Inseraten verstärkt Aufmerksamkeit zu schenken und unter Beachtung des jugendlichen Alters der Empfänger in Hinkunft auf eine zielgruppenadäquate Auswahl der Inserate besser zu achten.

Die Anzahl der Exemplare, die durch die PSK verschickt werden, wurde offensichtlich vergessen anzuführen, findet sich doch der Hinweis auf das „verstärkte Medieninteresse an unserem Haus“ und die Entschuldigung der verspäteten Beantwortung, die offensichtlich mit dem gegenwärtigen BAWAG-Skandal im Zusammenhang steht.

Der Head of Marketing Austria, Herr P. Damiri, von Sony Computer Entertainment Europe, die für die Werbung des PlayStation-Spieles verantwortlich ist, „freut“ sich über unsere Anfrage und bekundet in seiner Stellungnahme, daß mit unserer Anfrage offensichtlich über die Konzernwerbung diskutiert wird. Wir erfahren, daß diese Werbung für ein PlayStation Quizspiel konzipiert wurde.

Der abgebildete Mann soll die Band Red Hot Chilli Peppers bei deren legendären ersten Live-Auftritten darstellen. Musik-Kenner sowie die angepeilte Zielgruppe (14-29) wissen was wir meinen und verstehen auch den Humor der hinter dieser Anzeige.

Faksimile aus der Stellungnahme von Sony Entertainment Europe, dem Head of Marketing Austria P. DamiriFaksimile aus der Stellungnahme von Sony Entertainment Europe, dem Head of Marketing Austria P. Damiri

Faksimile aus Xpress 5/2006Penis - AusschnittsvergrößerungWahrscheinlich meinte der Head, „verstehen auch den Humor der hinter dieser Anzeige steht“ und richtig schreibt sich die Gruppe „Red Hot Chili Peppers“. Wir bezweifeln jedoch, daß erstens in den 80er Jahren Kinder an diesem Konzert teilnahmen und, daß diese Zeitschrift von Personen über dem Alter von 20 Jahren überhaupt gekauft wird, was durch Erhebungen in Geschäften bestätigt wurde. Aus den Reaktionen von Erziehungsberechtigten, Empfängern und auch aus unserer Sicht, in Summe ein eher anzuzweifelnder Werbeerfolg, noch dazu wo Red Hot Chili Peppers eine andere Fangemeinde hat als beispielsweise Shakira, Stürmer, Regner und Tokio Hotel, US5 und so weiter.

Das männliche Geschlechtsteil in Freiluftkultur dürfte auf breiter Ebene salonfähig geworden sein, wie auch auf Seite 16 die Abbildung eben dieser Musikgruppe plakativ aufzeigt.

Fall 2

POPCORN 5/2006 der Axel Springer Young Mediahouse GmbHDas aus Deutschland stammende POPCORN – Das Teen People Magazin! (Eigendefinition), der Axel Springer Young Mediahouse GmbH. In der Ausgabe Nr. 5 ebenfalls vom Mai 2006 findet sich auf Seite 26, einem Comic gleichend, eine Bilderserie. Es wird ein Mann fotographisch auf dem Klo sitzend abgebildet. In satirischer Manier dürfte man die Popgruppe US5 aufs Korn genommen haben, steht doch in der Sprechblase „Oops, ich hab kein Klopapier mehr – hat jemand mal ein US 5-Poster für mich?“ Der Mann hat die Unterhose heruntergezogen, was die 7 jährige Käuferin des Heftes zu folgender Aussage veranlaßte: „Bei dem sieht man ja die Eier„. Tatsächlich erscheint es dem Betrachter, daß sowohl die Schambehaarung, als auch der Ansatz mit Teil des Gliedes erkennbar sind.

Da ist dann die am Umschlag angepriesene Werbung für ein T-Shirt mit der Aufschrift „Ich habe auch Augen du Arsch“ nur als Drüberstreuer anzusehen.

Jugendzeitung POPCORN - Seite 26 Genitalien - Ausschnittsvergrößerung

Es hat nichts mit Prüderie oder dergleichen zu tun, auch die Begrifflichkeit konservativ stellen wir in Abrede, aber scheinbar hat sich eine zielgruppenorientierte Medienszene parallel entwickelt, die wir Erwachsene unbeachtet gelassen haben, denn nur so scheint es erklärbar, daß heute 2006 Medien existieren, deren inhaltliche Darstellungen unserer Wahrnehmung entgangen sind und mit denen verantwortungsbewußte Erziehungsberechtigte gar nicht einverstanden sind. Es empfiehlt sich dem Medienkonsum unserer heranwachsenden Generation jedenfalls mehr Aufmerksamkeit zu teil werden zu lassen.


Das Copyright der Abbildungen liegt bei den jeweiligen Rechteinhabern u.a. Verlagsgruppe NEWS GmbH und Axel Springer Young Mediahouse GmbH – die Abbildungen erfolgten ausschließlich zur bildlichen Illustration der Reportage.

2006-05-05