So lautet der Titel des geheimen Gesetzbuches für Führungskräfte der Zeugen Jehovas und der Wachtturm Bibel und Traktat Gesellschaft, dessen Veröffentlichung dem Chefredakteur von DER GLÖCKEL (vormals muenchnernotizen), Walter Egon Glöckel, gemäß Urteilsspruch des Landgerichtes Frankfurt am Main (AZ: 2/6 O 304/04) in der 1:1 Form untersagt wurde. Seit längerer Zeit versucht die Organisation der Zeugen Jehovas, die sich doch mit allen Mitteln in der Öffentlichkeit als Kirche und seriöse, religiöse Gruppe darzustellen versucht, dies zu verhindern. Von anwaltlichen Drohschreiben (siehe Faksimile unten) an den Hoster (Verwalter der Internetpräsenzen), der Schlund & Partner AG, bis eben zur Klage gegen Glöckel reichte das Spektrum der Maßnahmen um die inhaltliche Verbreitung dieses Werkes zu verhindern. Dem Gericht gegenüber wurde seitens der Zeugen Jehovas das Urheberrecht geltend gemacht und der Inhalt sollte gar nicht einer Betrachtung unterliegen. Dabei stellt sich jeder mündige Bürger, wie auch viele Angehörige der Organisation selbst, mittlerweile die Frage, welcher geheimnisvolle Inhalt, der in der Organisation Gesetzesrang hat, denn der Öffentlichkeit vorenthalten werden soll.
Beispiel eines der Drohschreiben der Zeugen Jehovas an den Webhoster (zur Vollansicht Klick aufs Bild)
Glöckel und Verteidiger RA Klaus Walkerling betonten die Bedeutung des Werkes in seiner Gesamtheit, da es zahlreiche Punkte und Vorgaben innerhalb der Zeugen Jehovas-Organisationen beinhaltet, die völlig konträr zum Grundgesetz und weiteren bedeutenden Bestimmungen, wie auch der Europäischen Menschenrechtskonvention, das Leben deren Angehöriger regelt. Weiters beinhaltet es Steuermechanismen, die beispielsweise die Ausübung des Wahlrechtes unter Strafe stellen. Diese Punkte waren es auch, die Glöckel veranlassten, eine Anzeige entsprechend des Vereinsgesetzes an das Bundesinnenministerium, Otto Schily, als zuständige Stelle, zu richten.
Der Rechtsstreit sollte nach Vorstellung des Journalisten vor dem Höchstgericht landen, das den logischen Standpunkt vertreten würde, daß das allgemeine Interesse angesichts des bedeutenden Inhaltes, auch im Hinblick auf den angestrebten Status der Zeugen Jehovas als Körperschaft des öffentlichen Rechts, Vorrang gegenüber dem Urheberrecht genießt. Das Interesse und die Bedeutung für die Öffentlichkeit hätten eine höhere Gewichtigkeit gehabt. Derartige Fälle wurden bereits in der Vergangenheit ausjudiziert. Und just genau diese Aussage findet sich in der gegenwärtigen Causa DIZ München GmbH, ein Unternehmen der Mediengruppe Süddeutscher Verlag, gegen DER GLÖCKEL (vorm. muenchnernotizen). In dem Urteilsspruch der 1. Instanz wegen Antrag des Klägers auf einstweilige Verfügung, der Glöckel Recht gegeben hat, der jedoch durch Rekurs (Einspruch) des Klägers gegenwärtig nicht in Rechtskraft erwachsen ist, findet sich folgende Aussage:
„Deshalb kann, auch wenn ein absolutes Recht beeinträchtigt wird, noch nicht auf die Rechtswidrigkeit dieser Beeinträchtigung geschlossen werden. Vielmehr ist eine umfassende Interessensabwägung zwischen der Beeinträchtigung eines absoluten Rechtes und der eingreifenden Handlung selbst vorzunehmen: Den Interessen am gefährdeten Gut müssen stets auch die Interessen des Handelnden und die der Allgemeinheit gegenüber gestellt werden.“ (Handelsgericht Wien AZ 18Cg 69/05 v-9).
Doch die 6. Zivilkammer vor dem Landgericht Frankfurt/Main entschied anders, weil man sich nicht mit dem Inhalt auseinandersetzte, sondern Pikl als anwaltliche Vertretung der Zeugen Jehovas immer nur auf das Urheberrecht pochte. Bemerkenswerter Weise war alleinig schon mit der Klagseinbringung Pikl ein Fehler unterlaufen. Das Gericht hat die Klage jedoch nicht abgewiesen, sondern ließ innerhalb des Verfahrens eine Änderung durch die Zeugen Jehovas zu.
Glöckel ging in Berufung – bedauerlich genug, daß tiefgründige Arbeit des Gerichtes in Form der tiefer gehenden Auseinandersetzung mit dem der Klage zugrunde liegenden Sachverhalt scheinbar nur durch den Instanzenweg erreicht werden kann, mußte diese Berufung jedoch angesichts der Kosten wieder zurückgezogen werden.
Doch den Sieg, den die Zeugen Jehovas-Organisationen vermeintlich durch das Urteil in der Tasche wähnen, sollte sie nicht darüber hinweg täuschen, daß von dieser Untersagung lediglich die Veröffentlichung in der vollständigen 1:1 Form betroffen ist – wie sie auf der kritischen Webpräsenz von Glöckel unter zeugen-jehovas.info, seiner Ansicht nach im Einklang mit Artikel 2 des Pressekodex, publiziert war.
Daß die weitergehende Information der Öffentlichkeit über „Gebt acht auf euch selbst und auf die ganze Herde“ damit keineswegs ein Ende hat, gebietet nicht nur die journalistische Pflicht, sondern dürfte den Zeugen Jehovas auch bewußt geworden sein. Anwalt Pikl forderte in einem Brief nach Urteilsveröffentlichung nicht nur das gegenständliche Buch von Glöckel ein, sondern alle angefertigten Kopien und eine rechtsverbindliche Mitteilung, daß dieser keine weiteren Exemplare in original-, kopierter oder elektronischer Form in seinem Besitz hat. Berücksichtigt man den Umstand, daß ursprünglich ein Ältester der Zeugen Jehovas dieses Buch dem Journalisten mit der Bitte, diese Inhalte der Öffentlichkeit bekannt zu machen, vertraulich überantwortet hat, dann wäre es nach Erkenntnissen Glöckel´s ein Novum, wenn dies rechtlich durchgesetzt werden könnte.
Faksimilie von der Aufforderung des Zeugen Jehovas-Anwaltes Armin Pikls
Glöckel: „Für mich macht es keinen Unterschied, ob es sich um die Nennung einer vertraulichen Quelle, vertrauliche Unterlagen oder dergleichen handelt. Nie und zu keinem Zeitpunkt werde ich derartiges herausgeben oder Quellen namhaft machen, so alt kann ich gar nicht werden, als ich an Jahren in einem Gefängnis bereit wäre, dafür abzusitzen. Meine persönliche Freiheit steht hinter dem Anspruch und dem Recht der Öffentlichkeit auf sachlich fundierten und unabhängigen Journalismus. Der unabhängige Journalismus beinhaltet, die Wahrung und den Schutz von Quellen und natürlich beinhaltet das auch anvertraute Dokumente. Es sind die wenigen Dinge, für die es sich lohnt zu kämpfen, denn nur selbst Vorgelebtes rechtfertigt und begründet das Vertrauen, das die Menschen mir seit Jahren entgegenbringen.“
Das vollständige Urteil vom Landgericht Frankfurt am Main AZ 2/6 O 304/04 (pdf-Datei)
Als Fundstellen-Nachweiß steht Ihnen folgende Website mit der Veröffentlichung von „Gebt acht auf euch selbst und auf die ganze Herde“ zur Verfügung (Englischer Titel: „Pay Attention to Yourselves and to All the Flock“)
!Der Fundstellennachweis wurde am 10.2.2007 von der Redaktion entfernt – Anwalt PIKL drohte wieder dem Webhoster!
Zu dem sogenannten „Fundstellennachweis“, im Gegensatz zu „Links“ gibt es einschläge höchstgerichtliche Rechtsprechung. In Anbetracht der wissenschaftlichen Arbeit zu diesem „Geheimbuch“ sieht sich der Herausgeber jedoch nicht mehr veranlaßt sich zu diesem Punkt auf eine juristische Konfrontation einzulassen. Weitere Informationen entnehmen Sie dem Eintrag im Blog.
Im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland, dürfte es den Zeugen Jehovas Organisationen anderen Ländern nicht gelungen sein, die 1:1 Veröffentlichung dieses geheimen Anleitungsbuches für Führungskräfte untersagen zu lassen.
Einschlägige Medienberichte zu dieser Causa hier
2005-10-06