Bilder, die lügen vom Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Bilder, die lügenBilder, die lügen dokumentiert in sehr direkter und eher ungewohnter Weise, welchen Manipulationen die Menschen in der Vergangenheit, in der Gegenwart und mit Sicherheit auch noch in der Zukunft ausgesetzt waren, sind und sein werden. Als Begleitbuch zur gleichnamigen Wanderausstellung, die durch die Bundesrepublik tourte, deklariert, braucht der Leser dessen Inhalt auch ohne Besuch der Veranstaltung keineswegs zu scheuen – im Gegenteil.

Mannigfaltig sind die Fakten, die hier in exemplarischer Weise zusammengetragen wurden, sie reichen von politisch motivierten Bildveränderungen bis hin zur Werbung, deren verfälschte Darstellungen niemanden mehr verblüffen sollten.

Faksimile aus Bilder, die lügenWaren die technischen Möglichkeiten der Bildbearbeitung bis zum Ende der 1980er Jahre noch sehr eingeschränkt und die Retusche wie auch der Bildschnitt die gebräuchlichsten Mittel, so bereitet die computergestützte Technologie ab Ende der 1980er Jahre Möglichkeiten, die zwar einerseits die Träume der Bilddesigner erfüllten, aber auch im wahrsten Sinne des Wortes regelrechte Horrorszenarien schaffen. Die fortschreitende Entwicklung des Internet schafft heute Umstände, die kritischen Medienkonsumenten das Fürchten lehren. In Sekundenschnelle ist es möglich, Bilder denen von jeher zugesprochen wird, daß sie mehr als 1000 Worte sagen, über den gesamten Globus zu verstreuen. Wer heute annimmt, daß derartige bewußte Unterfangen beispielsweise von staatlichen Institutionen nicht unternommen würden, um derlei als Verschwörungstheorien abzutun, der sollte sich durch kritischen Konsum eines anderen belehren lassen. Bilder werden heute so geschaffen und inszeniert, daß Menschen in bestimmte Richtungen manipuliert gesteuert werden können und dies auch werden.

Gerade Medien beachten in ihrer Masse nicht mehr den Umstand des Wahrheitsgehaltes, sondern rücken bewußt Inhalte passend zu den Absatzmöglichkeiten „zurecht“. Mitunter werden dem Konsumenten auch Bilder präsentiert, die so nie fotografiert wurden. Geschriebene Inhalte stehen im Hintergrund, was zählt, ist das Bild und oftmals werden Photos als Fakt angesehen und ohne Hinterfragung als solche konsumiert. Beispiele liefert „Bilder, die Lügen“ zur Genüge, wobei mit der Geschichte der UDSSR und der DDR auch besondere Schwerpunkte gesetzt wurden.

Faksimile aus Bilder, die lügenFaksimile aus Bilder, die lügen

Andererseits: Wem war denn schon bekannt, daß das Bild über die Flaggenhissung der US-Truppen am 23. Februar 1945 für das der Photograph Joe Rosenthal den Pulizer-Preis bekam, eine Inszenierung war? Tatsächlich wurde eine kleinere Fahne Stunden zuvor aufgestellt. Dazu ein Buchauszug:

Erst vier Tage nach der Landung gelingt es den Marines, die japanischen Verteidiger zu vertreiben. Auf dem Gipfel des erloschenen Vulkankraters Mount Suribahi befestigten sie an diesem 23. Februar 1945 eine kleine amerikanische Flagge an einem langen Eisenstab. Als der Kriegsfotograf Joe Rosenthal auf der Pazifikinsel ankommt, weht sie bereits seit drei Stunden im Wind. Aber die Fahne ist klein, von weitem nur mit Feldstecher zu erkennen. Da jedoch der Anblick einer Siegesflagge für die Moral kämpfender Truppen wichtig ist, befiehlt ein führender Offizier, eine größere Fahne auf den Gipfel zu bringen. Dort fotografiert Rosenthal, wie fünft Marines und ein Seemann die Fahnenstange mit der neuen Flagge in einen Steinhaufen wuchten.

Rosenthal erhielt dann für dieses Bild den Pulizer-Preis und wird berühmt. Im Gegenzug verhält es sich bei den Russen etwas anders: Die Ehrung für die Hissung der „Roten Fahne“ am Rechstag in Berlin 1945 wird drei Soldaten über einen Zeitraum von Jahrzehnten zugesprochen, obwohl sie diese gar nicht vorgenommen haben.

So wird in einem weiteren Beispiel einer Berichterstattung über ein Bombenattentat aus einer Wasserpfütze im Schweizer Boulevardblatt „Blick“ im Jahre 1997 eine riesige Blutlache. Selbst die Thüringer Landesregierung veröffentlicht in einer Broschüre ein manipuliertes Photo von einer Zusammenkunft von US-Präsident Bill Clinton, Bundeskanzler Helmut Kohl und Ministerpräsident Bernhard Vogel in Eisenach, wo ein im Originalbild sichtbares Plakat mit der Aufschrift „Ihr habt auch in schlechten Zeiten dicke Backen“ entfernt wurde.

Wenn politische Interessen im Vordergrund stehen, stellt dieser Fall unter Beweis, wie gefährlich, aber auch schutzlos der Medienkonsument den aufbereiteten Szenarien ausgeliefert sein kann – Buchauszug:

Für propagandistischen Erfolg im Vorfeld des Golfkrieges sorgt die Werbeagentur Hill and Knowlton (H&K). Am 10. Oktober 1990 inszenieren ihre Vertreter vor dem Arbeitskreis für Menschenrechte im US-Kongreß den Auftritt von „Najirah“. Unter Tränen gibt die angebliche Krankenschwester vor diesem Forum zu Protokoll, mit angesehen zu haben, wie irakische Soldaten in einem kuwaitischen Krankenhaus „Babies aus den Brutkästen nahmen“ und diese „auf dem kalten Fußboden zurückließen, wo sie starben“. Diese Geschichte prägt nicht nur die Einstellung der amerikanischen Öffentlichkeit zur Golfkrise. Selbst US-Präsident George Bush bezieht sich in mehreren Reden, in denen er für einen Militäreinsatz plädiert, auf diese Schilderung vermeintlicher irakischer Greueltaten. Erst 1992 enthüllt der Journalist John R. MacArthur, daß es sich bei der „Augenzeugin“ um die Tochter des kuwaitischen Botschafters in den USA handelte, die sich zu dem angegebenen Zeitpunkt gar nicht in Kuwait aufhielt.

Faksimile aus Bilder, die lügen„Bilder, die lügen“ zeigt einen gemischten Querschnitt, der alle Medienbereiche betrifft, und die Bandbreite ist groß und vielfältig wenn es um Politik, Wirtschaft und letztlich immer um Geld, Macht und Einfluß geht. Um die Auflage zu steigern, wird kaum ein Mittel mehr gescheut. Ein qualitativ hochwertiges Buch, das auch aus ebensolchen Material produziert wurde. Eine Bereicherung für Menschen, die mit offenen Augen kritisch den Dingen gegenüberstehen; einmal mehr den Beweis dafür liefert, nicht ein X für ein U zu halten und die Dinge stets zu hinterfragen.

Wäre unsere Reportage „Der Holocaust, Auschwitz und seine Geschäftemacher 2005“ schon früher veröffentlicht worden, wer weiß, vielleicht hätte der Inhalt dann auch Einzug gefunden in das Spiegelbild unserer Gesellschaft „Bilder, die Lügen“…

Ausstattung: Gebundene Ausgabe, 100 Seiten, ~ 27×23 cm – Herausgeber: Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland – Redaktion: Dr. hans Walter Hütter & Petra Rösgen, Bildredaktion: Tarek Chafik; erschienen im Bouvier-Verlag

Kaufmöglichkeit des Buches
05-06-02

NÖ Umweltwacht